Aus der Geschichte des Landkreises

Die Alamannen: Reihengräber und Ortsnamen

Die Alamannen haben im Landkreis archäologische und durch Ortsnamen hörbare Spuren hinterlassen.

Fiel der römische Limes unter dem massiven Ansturm von Barbaren aus dem Norden? Nein, sagen die Forscher heute. Zwar überschritten germanische Horden immer wieder plündernd die römische Grenzbefestigung. Doch Hinweise auf ein gewaltsames Ende von römischen Kastellen und Siedlungen sind rar.

Heute geht man davon aus, dass sich die Römer aufgrund innenpolitischer Turbulenzen nach und nach aus den nördlichen Provinzen zurückzogen und das Land germanischen Stämmen wie den Sueben, Semnonen und Juthungen preisgaben.

Erst in ihrer neuen Heimat wuchsen diese zu einem lockeren Stammesverband zusammen, den Alamannen. Die Alamannen haben in unserem Landkreis deutlich hörbare Spuren hinterlassen, die Ortsnamen. In der Regel bezeichneten die Alamannen ihre Dörfer nach den Bewohnern, die Bewohner wiederum sind nach dem Sippenoberhaupt oder Ortsgründer genannt. Die Endung „-ingen" bei Entringen etwa bezeichnet den Dativ Plural: „bei den Blutsverwandten des Antheri" oder „bei den Leuten, die in der von Antheri gegründeten Siedlung wohnen".

Ein Paar Gewandspangen (Fibeln), länglich, mit ornamentalen Verzierungen, am Ende ein Halbkreis mit fünf ausstrahlenden stabartigen Verlängerungen
Bügelfibeln, um 550, Sülchen, Grab 250
Schnalle aus Metall, mit ornamentaler Verzierung, am Ansatz des Dorns ein Gesicht
Schnalle, um 600, Sülchen, Grab 180

Sprachwissenschaftlich gesehen gehören Ortsnamen auf „-ingen" wie auch auf die Endung „-heim" häufig zur frühen Siedlungsphase im 5. und 6. Jh. n. Chr., als die Neuansiedler sich noch Gebiete mit besonders fruchtbaren Böden aussuchen konnten. Orte mit der Endung „-hausen" oder „-weiler" dürften im 7. und 8. Jh. n. Chr. entstanden sein, nachdem die Bevölkerungszahl weiter angewachsen war. Damals wurden bereits weniger günstige Böden urbar gemacht. Siedlungsleer blieben während der gesamten Alamannenzeit Schönbuch und Rammert.

Anhand von Bodenfunden zeichnen die Archäologen heute ein lebensnahes Bild von einem alamannischen Gehöft. In dessen Mittelpunkt stand ein Wohnstallhaus mit 12 bis 15 Metern Länge und fünf bis sechs Metern Breite. Mensch und Tier lebten hier unter einem Dach, das mit Stroh oder Ried gedeckt gewesen sein dürfte. Kleine, in den Boden eingetiefte Grubenhäuser dienten als Keller und Webhütte. Lagerhäuser wurden auf Stelzen gebaut, um Getreide vor Feuchtigkeit und Schädlingen zu schützen. Alle Gebäude bestanden aus Holz, anders als die Römer verwandten die Alamannen keine Steine.

Anmerkungen:
Seit Erscheinen des dem Text zugrundeliegenden Buchbeitrags hat die Archäologie im Landkreis weitere Fundplätze erschlossen. Zu den archäologischen Befunden der alamannischen Siedlung in Sülchen beim heutigen Rottenburg gehören drei Gräberfelder mit Grabbeigaben, darunter Fibeln aus dem 4. Jahrhundert, und Töpferöfen aus dem 5. Jahrhundert. Unter dem Boden der Rottenburger Sülchenkirche, im Zusammenhang mit der Sanierung der Bischofsgruft, wurde ein Gräberfeld mit Bestattungen verschiedener Epochen entdeckt, unter den Funden sind Bestattungen und Grabbeigaben der Merowingerzeit von der Mitte des 6. bis zum ausgehenden 7. Jahrhundert.

Aus dem Reihengräberfeld in Hailfingen sind Beigaben aus einem reich ausgestatteten Männergrab des frühen 6. Jahrhunderts, wie eine Waffenausstattung, eine kleine Waage und Trinkgläser, im Landesmuseum Stuttgart in der Schausammlung "LegendäreMeisterWerke" zu sehen.

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